4. Villa Pauly: Ehemaliger Sitz der Gestapo

4. Villa Pauly: Ehemaliger Sitz der Gestapo

4. Villa Pauly: Ehemaliger Sitz der Gestapo

Die Villa Pauly wurde 1923 vom Luxemburger Chirurgen Norbert Pauly erbaut und diente ihm ursprünglich als Wohnhaus und Praxis. Als die deutschen Truppen am 10. Mai 1940 Luxemburg besetzten, befand sich Dr. Pauly gerade im Urlaub in Südfrankreich. Bei seiner Rückkehr im Spätsommer erfuhr er, dass sein Haus von der Gestapo – der „Geheimen Staatspolizei“ – beschlagnahmt wurde. Widerwillig musste er mit dieser einen Mietvertrag unterzeichnen. Neben dem Hauptsitz in der Villa Pauly gab es zur Zeit der Besatzung noch zwei Außenstellen der Gestapo in Esch-Alzette und Diekirch.

Die Villa Pauly wurde zum Symbol des Naziterrors in Luxemburg: Von hier aus wurden jene Personen verhört und oft auch gefoltert, die des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus verdächtigt wurden. Die Kellergewölbe der Villa wurden für Verhöre und Folter genutzt. Hier befanden sich zur Zeit der nationalsozialistischen Okkupation auch einige Gefängniszellen, die nach dem Krieg jedoch nicht erhalten wurden. Überlebende berichteten, dass sie kopfüber an Heizungsrohren aufgehängt oder mit einem Ochsenziemer geschlagen wurden. Nach einem ersten gewaltsamen Verhör hatten viele Gefangene Schwierigkeiten, die Stufen aus dem Keller in die oberen Etagen der Villa zu bewältigen, was ihnen Fußtritte und weitere Misshandlungen einbrachte. Rund 1500 Personen, die man des Widerstands gegen den Nationalsozialismus verdächtigte, wurden von der Gestapo in das SS Sonderlager Hinzert bei Trier verschleppt.

In der Villa Pauly wurden auch die Erfassung und Deportation der in Luxemburg lebenden Jüdinnen und Juden organisiert. Am 12. September 1940 wurde dem Oberrabbiner Dr. Serebrenik mitgeteilt, dass alle jüdischen Personen Luxemburg bis zum 26. September verlassen sollten. Dieser Befehl löste eine Panikreaktion innerhalb der jüdischen Bevölkerung aus. Das jüdische Konsistorium bat daraufhin um mehr Zeit und bot im Gegenzug seine Mitarbeit an. Bei der Gestapo war der Kriminalsekretär Otto Schmalz für die Deportation der Juden verantwortlich, gleichzeitig war er auch der Kontaktmann zum jüdischen Konsistorium. Mitglieder des jüdischen Konsistoriums mussten regelmäßig in der Villa Pauly vorstellig werden, um Befehle bezüglich der Organisation der jüdischen Deportationen zu erhalten. Nach der ersten Deportation am 16. und 17. Oktober 1941 ließ Gauleiter Gustav Simon in der Presse verkünden, Luxemburg sei nun „judenrein“ – tatsächlich verließen aber noch 6 weitere Deportationszüge Luxemburg. Die Solidarität und Hilfsbereitschaft der Luxemburger mit der jüdischen Bevölkerung war gering, beziehungsweise kaum vorhanden: Eine Handvoll jüdische Personen waren zeitweilig bei Luxemburger Familien versteckt. Einer der Gründe hierfür war sicherlich auch ein vor allem religiös motivierter Antisemitismus, der damals in Luxemburg herrschte, sowie der Mangel an Kontakt zwischen der luxemburgischen und jüdischen Bevölkerung. 

In der Villa Pauly wurden ebenfalls repressive Maßnahmen gegen andere Minderheiten ergriffen- wie Zeugen Jehovas, Homosexuelle, Fahrende und sogenannte „Asoziale“.

Nach dem Krieg wurden insgesamt 16 Mitglieder der Gestapo in Luxemburg als Kriegsverbrecher angeklagt und vor dem Gerichtshof in Luxemburg-Stadt verurteilt.

Die Villa Pauly wurde nach dem Krieg zunächst vom Luxemburger Staat gemietet und als Dienststelle für verschiedene Ministerien (Gesundheit, Arbeit und Soziales) genutzt. Im März 1960 wird der Luxemburger Staat schließlich Eigentümer der Villa Pauly und stellt das Gebäude ab 1989 unter Denkmalschutz. Heute befindet sich in der Villa Pauly der Sitz des im Jahre 2016 per Gesetz gegründeten Comité pour la mémoire de la Deuxième Guerre mondiale, ein paritätisches beratendes Gremium, in dem zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die jüdischen Holocaust-Opfer neben den zwei anderen großen Opfergruppen Luxemburgs - den Opfern des Widerstands (Resistenz) und der Zwangsrekrutierung - gleichwertig vertreten sind. In der Villa Pauly befindet sich heute ebenfalls der Sitz der Fondation nationale de la Résistance (FONARES) und der Fondation luxembourgeoise pour la Mémoire de la Shoah.

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